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Bericht vom 12.04.2017 Made by Madlen
Hast du schon mal einen Koffer für einen Aufenthalt von mehreren Monaten packen müssen? Ich war schier überfordert, dennoch schaffte ich es und war mehr als erleichtert, als ich Anfang Oktober 2009 endlich am Frankfurter Flughafen stand und nach einem tränenreichen Abschied im Flugzeug saß. Was erwartete mich in Kapstadt? Nach dem sechsstündigen Flug bis Dubai realisierte ich erst, dass es von hier noch mal neun Stunden bis Kapstadt waren. Die Annehmlichkeiten an Bord ließen die Zeit aber wie im Fluge vergehen. Da stand ich nun in Kapstadt und hoffte darauf, dass sich alle vorherigen Zweifel bald verflüchtigten.
Ich arbeitete während meines Praktikums in einem Gästehaus mit Blick auf den Lions Head, unweit des Atlantiks. Die Arbeit ermöglichte mir einen anderen Blick auf den Verkauf von Urlaubsreisen. Doch lernte ich durch die Zusammenarbeit mit Südafrikanern auch sehr viel über das Land und seine Einwohner kennen. Leider auch über die tierischen Bewohner. Hast du Kakerlaken schon mal fliegen sehen? Ich bis dahin noch nicht und beim ersten Angriff ist mir fast mein Herz stehen geblieben. Ja, vielleicht flog sie nur auf mich zu … meiner Meinung nach völlig auf Krawall gebürstet. Doch gewöhnt man sich bekanntlich an Alles … ungewöhnliche Tiere, Linksverkehr, dass man den Strom wie ein Prepaid Handy im Supermarkt kauft und es viel gemächlicher als zu Hause zugeht. Ein Braai, also ein Grillabend, zieht sich beispielsweise über Stunden hin. Allein bis Fleisch und Fisch auf dem Grill lagen, war ich als hektischer Deutscher anfangs fast verhungert. Nach und nach gefiel mir diese Lebensart doch immer besser und irgendwann fragte ich mich tatsächlich, warum ich in der Heimat in ständiger Hektik lebe. Ich kann mich direkt nach meiner Rückkehr an meinen ersten Aufenthalt im Supermarkt erinnern. Die Schlange an der Kasse war gewohnt lang und jeder Zweite am Motzen. Warum die Zeit nicht nutzen, um mit den anderen Wartenden ins Gespräch zu kommen? Wie es mit der Gewohnheit so ist, erwische ich mich heute auch wieder völlig entnervt, wenn es
mal länger dauert.
So ein Aufenthalt in Südafrika bietet nicht nur unglaubliche Abenteuer, sondern lässt uns absolut Entschleunigen. Doch genug des kurzen Einblicks in die afrikanische Lebensart.
Jegliche Freizeit, die mir neben der Arbeit blieb, nutzte ich
natürlich mit anderen Praktikanten den Umkreis von ca. 200 km zu erkunden.
Nachfolgend eine Auswahl meiner Erlebnisse ...
Mich faszinieren schon immer hohe Bergmassive. Ich könnte aber auch stundenlang vom Strand aus das Meer beobachten. Doch nirgends beeindruckte mich Beides mehr als in Kapstadt. Den perfekten Sundowner habe ich auf dem Signal Hill, in ca. 350 m genossen. Auf der einen Seite ein Wahnsinnsblick auf den Tafelberg, auf der anderen Seite das Meer, die vorgelagerte Insel Robben Island und ein Sonnenuntergang aus dem Bilderbuch. Wenn dann noch die Einheimischen typische afrikanische Songs anstimmen, ist die Welt einfach nur in Ordnung. Ein Traum!
Wanderer und Bergsteiger kommen in Kapstadt auch auf ihre Kosten. Ob Tafelberg oder Lions Head, erklimmen lassen sich Beide. Ich muss gestehen, dass ich mir die gerade nächtlich interessanten Aufstiege auf den Lions Head immer nur von unten angeschaut habe. Schön anzusehen, wie gefühlt die halbe Stadt mit Lichtern ausgestattet auf den Berg läuft.
Den Tafelberg erreicht man auf unterschiedlichen Wegen in mehrstündigen Fußmärschen oder mit einer Seilbahn. Auf einer Höhe von 1.085 m angekommen, eröffnet sich ein phänomenaler Blick auf „Mother City“, wie Kapstadt liebevoll auch genannt wird. Man kann sich stundenlang auf dem Plateau aufhalten, die Aussicht und Ruhe genießen, Tiere beobachten oder neue Pflanzenarten für sich entdecken.
Da ich relativ zentral in Oranjezicht wohnte und auf der anderen Seite der Bergkette, in Fresnaye, arbeitete, war es mir möglich, regelmäßig diese faszinierende Stadt auf mich wirken zu lassen. Morgens fuhr ich durch die Wolken hindurch und weiter unten offenbarte sich ein klarer Blick auf die 12 Apostel. Am Fuße dieser Bergkette liegt der trendige Vorort Camps Bay
und sein langer Sandstrand.
Nur ca. 15 min vom Zentrum entfernt lädt der wunderschöne botanische Garten, Kirstenbosch Gardens, mit seinen vielfältigen Pflanzenarten zum Verweilen ein. Ein unbedingtes Muss ist der Besuch eines Konzertes. Ich hatte das große Glück die Band „Zebra & Giraffe“ in Kirstenbosch erleben zu dürfen. Typisch für die Südafrikaner ist, dass sie diese Konzerte bei einem Picknick genießen. Für mich völlig ungewohnt. Mit Blick auf die Berge, der Musik lauschend und einfach nur das Leben genießen, war das eines der besten Erlebnisse in meiner Zeit in Kapstadt. Balsam für die Seele!
Wenn man, wie ich anfänglich, annimmt, auf Robben Island auf Robben zu treffen,
hat man weit gefehlt. Bei der ca. 10 km von Kapstadt entfernten Insel handelt es sich um eine frühere Gefängnisinsel, auf welcher Nelson Mandela 27 Jahre in einer winzigen Zelle in Haft verbringen musste. Während einer Führung durch ehemalige Häftlinge,
erfährt man sehr viel über das damalige Apartheidregime.
Ich persönlich las in Kapstadt die Biographie von Mandela „Der lange Weg zur Freiheit“
und kann dieses Buch Jedem, der sich für die Kultur Südafrikas interessiert, wer das Land wirklich verstehen will, nur empfehlen. (unbezahlte Werbung)
Für die ca. 45-minütige Fährüberfahrt zurück zur
V & A Waterfront sollte man sich auf hohe Wellengänge einstellen.
Robben trifft man letztendlich übrigens auf Seal Island. Am Hafen von Hout Bay hat man die Möglichkeit, eine Bootstour zur ca. 15 Minuten entfernten Robben-Kolonie zu starten. Gigantisch, so viele Robben auf einem Fleck beobachten zu dürfen und dabei die Fahrt zur Insel zu genießen.
Wer sich zum ersten Mal in Kapstadt befindet, erhält mit den roten Doppeldeckerbussen einen umfassenden Überblick von der Stadt am Kap. „Hop on Hop off“ bietet dabei die Möglichkeit an sehenswerten Punkten aus- und zuzusteigen. Das Stadtzentrum, die V & A Waterfront - das moderne Hafengebiet Kapstadts, das Bo-Kaap Viertel - bekannt durch die kunterbunten Häuser, Green Point mit seinem Leuchtturm sowie das Green-Point-Stadium und der Company´s Garden, der sehr zutrauliche Eichhörnchen beheimatet, sind nur einige der sehenswerten Haltepunkte.
Man hat bei den verschiedenen Buslinien die Wahl, eher das Zentrum kennen zu lernen
oder auch die Umgebung zu erkunden.
Ein ausgiebiger Bummel über den Green Market Square sollte definitiv auch auf der
To-Do-Liste stehen. Auf dem Markt erhält man die unterschiedlichsten typischen afrikanischen Souvenire für sich oder die daheim Gebliebenen.
Das Fußballstadion wurde übrigens eigens für die Fußballweltmeisterschaft 2010 gebaut. Im Januar schauten wir uns das erste Spiel, was überhaupt in diesem Stadion stattfand, an. Für mich war der Stadionbesuch generell eine Premiere.
Noon Gun
Wenn man genau darauf achtet, hört man im Zentrum von Kapstadt pünktlich 12 Uhr mittags einen Kanonenschuss. Dieser hallt vom Signal Hill über die Stadt. Hier stehen zwei Kanonen, die abwechselnd für diese Tradition genutzt werden. Ein Soldat erläutert den Zuschauern vor der Zündung historische Details. Der Countdown läuft und trotz des nötigen Sicherheitsabstandes zuckte ich erschrocken zusammen. Muss man erlebt haben!
High Tea im Mount Nelson Hotel
Im 5-Sterne Hotel Mount Nelson ließen wir uns zum Nachmittagstee in einer sehr stilvollen Umgebung verwöhnen. Dem Gast steht eine große Auswahl an Kuchen und Keksen sowie die unterschiedlichsten Teesorten zur Verfügung. Very British und sehr empfehlenswert.
Neighbourgoods Market
Ein Besuch dieses Marktes sollte in Kapstadt auch auf jeden Fall auf dem Programm stehen. Hier wird man kulinarisch verwöhnt und kann allerlei Deftiges wie Süßes probieren. Neben den zahlreichen Leckereien warten auch Ausstellungen von verschiedenen Künstlern.
Ein wirklich buntes Treiben, was zum Verweilen einlädt.
Heart of Cape Town Museum – 1. Herztransplantation
Im Museum des Groote Schuur Krankenhauses in Kapstadt erhält man während einer Führung sehr interessante Einblicke in die erste durchgeführte Herztransplantation. 1967 gelang dies dem Chirurgen Dr. Christiaan Bernard. Im nachgestellten Operationssaal lässt sich seine gewaltige Leistung sehr gut nachvollziehen. Mit einem grünen OP-Kittel ausgestattet, hatte ich das Gefühl, an dieser Operation teilgenommen zu haben.
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